Lebensweise und Blütenbesuche der Wildbienen
1. Lebensweise
Anders, als wir es von den Honigbienen kennen, leben und nisten die allermeisten Wildbienen für sich alleine. Oft bilden sie jedoch sogenannte Kolonien. Dort leben zum Teil hunderte Wildbienen zusammen. Dennoch ist es nur eine Wohngemeinschaft, weil der Lebensraum geeignet und sowohl Platz als auch Nahrung für alle vorhanden ist. Jede einzelne versorgt sich und ihr Nest ganz allein. Es sind solitäre Wildbienen.
Die Hummeln hingegen sind – wie wenige andere Wildbienenarten auch – sozial. Es gibt eine Königin und ein Volk, welches für den Nachwuchs sorgt. Jedoch ist dieses bei weitem nicht so groß wie das der Honigbienen.
Eine weitere Variante, die sich bei den Lebensweisen zeigt, ist die der Kuckucksbienen. Kuckucksbienen sind parasitäre Bienen. Sie legen ihre Eier ins gemachte Nest. Nutzen also andere Bienenarten aus, um ihre Nachkommen aufziehen zu lassen.
Solitäre Wildbienenarten
Es gibt sehr viele verschiedene Arten von Solitärbienen, auch Einsiedlerbienen genannt. Sie unterscheiden sich im Aussehen und anderen Merkmalen wie etwa spezielle Blütenbesuche und Vorlieben im Nestbau. Jedes Weibchen baut, nachdem es von einem Männchen begattet wurde, ihr eigenes Nest und versorgt ihre Brut selbstständig ohne Hilfe von anderen Bienen ihrer Art. Sie bilden keine Staaten, so wie wir es von Honigbienen oder Hummeln kennen.
Luzerne-Blattschneiderbiene (Megachile rotundata)
Flugzeit:
Juni bis August
Kennzeichen:
Körperlänge 7–9 mm
Lebensweise:
Solitäre Art
Nistweise:
Nistet in vorhandenen oberirdischen Gängen in Totholz und Pflanzenstengeln.
In den Brutzellen werden Blüten- und Laubblätter verbaut.
Blütenbesuche:
Polylektische Art
Rotfransige Sandbiene (Andrena haemorrhoa)
Flugzeit:
März bis Juni
Kennzeichen:
Körperlänge 8-12 mm
Lebensweise:
Solitäre Art
Nistweise:
Nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde
Blütenbesuche:
Polylektische Art
Soziale Wildbienenarten
Im Gegensatz zu den solitären Wildbienen leben manche Bienen in Gemeinschaften, sozialen Verbänden, kleinen Staaten oder anderen sozialen Verbindungen.
Die Honigbiene ist wohl die Vorzeigebiene für soziales Verhalten. Ihre Königin ist Herrscherin über ein großes Volk, bestehend aus etwa 40.000 bis 80.000 Bienen. Davon sind die meisten Arbeiterinnen und ein Teil männliche Drohnen.
Auch eine Hummelkönigin hat einen beachtlichen Staat. Je nach Art und Gegebenheit besteht dieser immerhin aus 50–400 Hummeln.
Schmalbienen und Furchenbienen zählen mit ihren unterschiedlichen Formen der gesellschaftlichen Lebensweisen auch zu den sozialen Wildbienenarten. Diese Arten bilden kleine Kolonien bzw. haben eine gewisse Arbeitsteilung, bei der einige Weibchen die Brutpflege übernehmen, während andere als Arbeiterinnen tätig sind. Es kommt auch vor, dass mehrere Weibchen gemeinsam nisten und ihre Brut versorgen.
Pförtner-Schmalbiene (Lasiglossum malachurum)
Flugzeit:
April (Weibchen) und Juli bis Oktober
Kennzeichen:
Körperlänge 8-10 mm
Lebensweise:
Soziale Art
Nistweise:
Nistet in selbstgegrabenen Hohlräumen in der Erde
Blütenbesuche:
Polylektische Art
Veränderliche Hummel (Bombus humilis)
Flugzeit:
April (Weibchen) bis Oktober
Kennzeichen:
Körperlänge 9-18 mm
Lebensweise:
Soziale Art
Nistweise:
Nistet bevorzugt in oberirdischen Nestern z.B. unter Grasbüscheln
Blütenbesuche:
Polylektische Art
Parasitäre Wildbienenarten
Parasitäre Wildbienen sind auch als Kuckucksbienen bekannt. Man könnte sie in der Tat als faule Bienen bezeichnen, denn das stetige Sammeln von Pollen und Nektar, wie es die fleißigen Bienen machen, haben sie nicht nötig. Genau genommen fehlt ihnen dafür sogar die Möglichkeit, denn sie haben keine Pollensammelvorrichtung. Diese Wildbienen legen ihre Eier ins gemachte Nest anderer Wildbienen. Es sind Schmarotzer!
Die Weibchen der Kuckucksbienen warten geduldig vor dem Nest auf ihrer Chance. Fliegt die Wirtsbiene auf ihren Sammelflug, dringt die Kuckucksbiene in das Nest ein und legt dort ihr eigenes Ei an den Proviant. Der Proviant, auch Pollenbrot genannt, ist ein Gemisch hauptsächlich bestehend aus Pollen und ein bisschen Nektar, den die Wirtsbiene mit viel Fleiß gesammelt hat. Die Larve der Kuckucksbiene schlüpft noch vor der Larve der Wirtsbiene und frisst die eingetragenen Vorräte auf. Und später gegebenenfalls die Larve gleich mit.
Punktierte Düsterbiene (Stelis punctulatissima)
Flugzeit:
Juni bis August
Kennzeichen:
Körperlänge 8-11mm
Lebensweise:
Parasitäre Art
Nistweise:
Keine / Kuckucksbiene bei Harz-und Wollbienen
Blütenbesuche:
Polylektische Art
bevorzugt Korbblütler
Einpunkt-Wespenbiene (Nomada fucata)
Flugzeit:
April bis Mai und Juli bis August
Kennzeichen:
Körperlänge 8-10mm
Lebensweise:
Parasitäre Art
Nistweise:
Keine / Kuckucksbiene bei der Sandbiene (Andrena flavipes)
Blütenbesuche:
Polylektische Art
bevorzugt
2. Blütenbesuche zur Versorgung mit Nektar und Pollen
Nicht jede Blüte ist für alle Bienen eine Nektarquelle. Und eine bunte Blumenwiese ist nicht unbedingt ein Schlaraffenland für alle Wildbienen. Neben den vielfältigen Nistweisen und Lebensweisen gibt es auch bei den Blütenbesuchen große Unterschiede. Viele Wildbienen sind nicht wählerisch und fliegen munter von Blüte zu Blüte und sammeln Pollen und Nektar. Dabei spielt es keine große Rolle, ob die Blüten blau, rot, gelb oder weiß sind. Auch zu welcher Pflanzenfamilie die Blume gehört, ist von geringer Bedeutung. Ab und an gibt es Vorlieben, das kennt man ja. Jedoch gibt es auch sehr und sogar extrem wählerische Wildbienen, die nur bestimmte Pflanzenfamilien bzw. nur eine einzige Pflanze als Nahrungsquelle anfliegen.
Polylektisch
- Generalisten
- fliegen zu verschiedenen Pflanzenarten
- haben durch das hohe Angebot größere und längere Aktivitäten
- sind weniger gefährdet
Oligolektisch
- Spezialisten
- fliegen zu einer bestimmten Pflanzengattung
- sind auf die Blühzeiten angewiesen
- sind auf das Vorkommen der Pflanze angewiesen
Streng Oligolektisch
- extrem spezialisiert auf eine Pflanze
- ohne diese Pflanze gibt es auch die Biene nicht
- viele solcher Spezialisten gehören zu den bedrohten Arten
3. Das Leben einer Wildbiene
Vom Ei zur Biene - die Metamorphose
Der Lebenszyklus einer Wildbiene beginnt mit dem Ei, welches das Wildbienenweibchen in der fertiggestellten und mit Proviant gefüllten Brutzelle ablegt. Unmittelbar danach wird die Brutzelle verschlossen und die Wildbiene beginnt mit dem Bau einer weiteren Brutzelle. Je nach Art werden solche Zellen entweder linear, wie unten dargestellt, in Gruppen oder auch einzeln angelegt.
Der Proviant besteht aus Pollen und Nektar, der zuvor vom Bienenweibchen an vielen Blüten mit gesammelt wurde. Dieser dient der kleinen Larve, die einige Tage danach schlüpft, als Nahrung. Jede Larve durchlebt also ihre nun folgende Entwicklungsphase alleine, isoliert von Ihrer Mutter und den Geschwistern in den benachbarten Brutzellen.
Während die kleine Larve in den kommenden Wochen den Proviant auffrisst, wird sie immer größer und häutet sich währenddessen viermal. Nach Beendigung dieser Zeit und wenn alle Vorräte verbraucht sind, spinnt sich die Raupe einen Kokon, in welchem der nächste Entwicklungsschritt zur Puppe und nachfolgend zur Biene stattfindet. Der Zeitraum dieser Verwandlungsphasen (Metamorphose) beträgt jeweils etwa zwei bis drei Wochen. Entsprechend der Art überdauert sie noch als Larve den Winter in einem inaktiven Zustand oder entwickelt sich zuvor schon zu einer vollentwickelten Biene (Imago). Jedenfalls ist diese Zeit in der Brutzelle, egal ob als Larve, Puppe oder vollentwickelt, die längste Zeit des Lebens einer Wildbiene.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Bienenmutter zu Beginn, also schon bei der Eiablage steuern kann, ob der Nachwuchs männlich oder weiblich ist. Das Ei für die männliche Biene bleibt unbefruchtet, das Ei der weiblichen Biene wird befruchtet. Damit legt sie fest, dass erst die Männchen schlüpfen und vor dem Nest auf die später folgenden Weibchen warten.
Endlich fliegen!
Die Männchen: Wenn die passende Flugzeit gekommen ist, nagen sich erst die Männchen den Weg aus dem Nest in die Freiheit. Endlich, nach so langer Zeit isoliert in ihrer dunklen Brutzelle, fliegen sie! Der erste Flug geht zu den bunten Blumen, um Nektar zu tanken und damit den Energiespeicher zu füllen. Zurück am Nest warten viele Männchen ungeduldig auf ein Weibchen und stürzen sich zum Begatten auf es. Der Stärkste gewinnt, oder der mit dem meisten Glück im Gewusel von vielen, die es versuchen. Die Lebensaufgabe ist damit erfüllt. Wenig später stirbt das Wildbienenmännchen. Am Nestbau oder dem Sammeln von Pollen hat es sich nicht beteiligt.
Die Weibchen: Nachdem sie von einem Männchen begattet wurde, wird sich das Bienenweibchen bei ihrem ersten Flug in Freiheit auch sogleich zu einer Blüte begeben und mit Nektar stärken. Dann geht alles wieder von vorne los. Sie beginnt ein Nest zu bauen, eine Brutzelle nach der anderen anzulegen und mit Nahrung für die nächste Generation zu füllen. Je nach Art und Bedingungen sorgt sie für etwa 10 bis 30 Nachkommen, bevor auch sie stirbt. Bei den allerwenigsten von unseren heimischen Wildbienenarten lernen sich Eltern und Kinder kennen. Meist liegt dazwischen ein knappes Jahr.
Die einzige Aufgabe der Wildbienen ist es also, Nester mit möglichst vielen Brutzellen zu bauen und Pollen bzw. Nektar zu sammeln, um damit den Fortbestand ihrer Art zu sichern.
Während dieser Zeit haben sie – ganz nebenbei – unzählige Blüten bestäubt und damit einen unschätzbaren Beitrag für uns Menschen geleistet.
Tausend Dank liebe Bienen!